Adhärenz Fortbildung
Vorträge

Nachhaltiger Behandlungserfolg – alt werden mit HIV

Vortrag 1: Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr.in Katharina GRABMEIER-PFISTERSHAMMER
Text: Mag.a Birgit Leichsenring

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung der HIV-Therapien

Die HIV-Epidemie hat eine erstaunliche Entwicklung über die Zeit gemacht. In den 80er-Jahren lag der Fokus auf den opportunistischen Infektionen und deren Therapie. Infolge fehlender Behandlungsmöglichkeiten für die HIV-Infektion an sich, ging es damals meist weniger um ein gutes Überleben der Patient*innen, sondern eher um Krisenintervention und Sterbebegleitung. Mit dem großen Durchbruch in der Therapie durch die Kombination von drei unterschiedlichen Medikamenten verschob sich die Aufmerksamkeit auf das HI-Virus selbst und die konkreten Auswirkungen der Virusvermehrung.

Nochmals 10 bis 15 Jahre später und mit Etablierung der ersten Integrase-Inhibitoren wendete sich das Blatt erneut. Die hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der Substanzen revolutionierten die HIV-Therapie. Seitdem gilt HIV als gut behandelbare chronische Infektion und liegt das Augenmerk auf dem Langzeitmanagement der Menschen mit HIV, die nun dank Therapie eine hohe Lebenserwartung erfahren können.

Komorbiditäten und die Rolle von Prävention

Mit steigendem Lebensalter rücken jedoch diverse Komorbiditäten ins Zentrum der Gesundheitsförderung. Grundsätzlich trifft dies auf alle Menschen unabhängig einer HIV-Infektion zu. In Zusammenhang mit HIV ist jedoch schon lange bekannt, dass Komorbiditäten mehr Aufmerksamkeit bedürfen. Dazu zählen z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebserkrankungen oder auch Beeinträchtigungen von Leber, Niere und Lunge. So zeigte eine Studie, dass solche Komorbiditäten bei Menschen mit HIV etwa 10 Jahre früher auftreten als in der Gesamtbevölkerung. In einer anderen Studie wurde nachgewiesen, dass sich zwar die Lebenserwartung von Menschen mit und ohne HIV angleicht, die Lebensspanne ohne Komorbiditäten bei HIV jedoch signifikant kürzer ist. Beide Darstellungen unterstreichen die enorme Rolle von Prävention und Behandlung solcher Erkrankungen für eine hohe gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Unterschiede Komorbiditäten-Häufigkeiten bei HIV-Diagnosen vor 1996

Selbstverständlich ist die Bevölkerung mit HIV eine sehr heterogene Population. Dies trifft auch auf die Menschen mit HIV zu, die das 50. Lebensjahr überschritten und daher zunehmend mit Komorbiditäten zu tun haben. Immerhin stellt diese Gruppe auch in Österreich mehr als die Hälfte aller Personen mit HIV dar. Hier finden sich z. B. Menschen, bei denen es erst in höherem Lebensalter zu einer Infektion kam und solche, die bereits seit vielen Jahren mit HIV leben. Manche erhielten die Diagnose spät und andere konnten frühzeitig mit einer Therapie beginnen. Einige haben viele Therapieregime über die Zeit erlebt, andere konnten bereits mit modernen Medikamenten starten.

Es stellt sich also die Frage, ob diese Unterschiede eine Rolle in der individuellen Gesundheit spielen. Es hat sich gezeigt, dass bei Patient*innen mit Diagnose vor 1996 einige Erkrankungen deutlich häufiger auftreten, so z. B. Depressionen.

Für den nachhaltigen Behandlungserfolg braucht es daher spezifische Ansätze, um unterschiedlichste Bedürfnisse einzubeziehen und den Menschen mit HIV individuell ein hohes Alter bei guter Lebensqualität zu ermöglichen.

Komorbiditäten im Zeitvergleich

Balkendiagramm mit fünf Kategorien. Werte in Prozent. Die Balken animieren nacheinander, sobald das Diagramm in den sichtbaren Bereich scrollt.

Komorbiditäten treten signifikant häufiger bei Menschen mit HIV auf, deren Diagnose vor 1996 erfolgte.

Adopted from Branas et al.; 2022